Im Unterschied zu "Vampire State Building" bin ich diesen Comic gänzlich ohne Erwartungen angegangen. Eigentlich wollte ich die Serie auslassen, weil ich nach der splittereigenen Vorschau den Eindruck gewonnen hatte, die Geschichte würde sich darauf beschränken, dass gute Öko-Aliens die Menschheit aus ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit retten. Letztendlich haben aber die Zeichnungen den Ausschlag für den Kauf gegeben.
Es ist dann das eingetreten, was häufig passiert, wenn man sich auf eine Sache vorurteilsfrei einlässt. Man wird positiv überrascht. Tatsächlich handelt es sich nicht um Freunde von Thanos, die der Erde ihre Aufmerksamkeit schenken, sondern um Außerirdische, die der Menschheit wohlgesonnen sind und den Planten retten wollen. Allerdings wird auch schnell klar, dass es auch innerhalb der Alien-Koalition von unterschiedlichen Arten mehrere Fraktionen gibt. Die Mission ist umstritten. Die Umsetzung schwierig. Dies zeigt sich schon am ersten Tag der Kontaktaufnahme. Die nach Umweltkatastrophen und Kriegen in einer dystopischen Welt lebenden Menschen schreien keineswegs "Hurra", als die Retter kommen und sie mit den Worten "Reset! Wir sind der Neubeginn!" begrüßen. Ich musste unwillkürlich schmunzeln bei dieser Szene. Es kommt, was kommen musste. Aus Angst vor Unterdrückung und Unterwerfung reagieren die Menschen mit Gewalt, worauf die Außerirdischen ihrerseits Gewalt anwenden. Abweichend vom derzeit vorherrschenden Erzählmuster haben die Aliens - genreuntypisch - aber klare ethische Regeln, an die sich sich gebunden fühlen. Sie lassen nicht einfach die Sau raus und testen an uns die Überlegenheit ihrer Waffen. Gleichwohl gibt es einige unter ihnen, die die Dinge eher aus kolonialer Sichtweise betrachten. Mit fortschreitender Geschichte geht das Schwarz-Weiß-Muster auf beiden Seiten in Grautöne über. Darin liegt vielleicht auch der Unterschied zum Ansatz der meisten von Leos Geschichten. Interessant sind auch die zahlreichen ethischen bzw. moralischen Fragen, die aufgeworfen werden, ohne dass Erzählfluss und Spannung darunter leiden.
Die Grafik finde ich sehr ansprechend. Phantasievoll gestaltete, "heile" Alienwelten - und Kulturen stehen im Kontrast zum überschwemmten Paris oder brennenden Ölfeldern. Dem Stil des Zeichners entsprechend wirken aber selbst die Bilder von den Bränden und der dystopischen Welt nicht wirklich bedrohlich, sondern noch irgendwie nett, wozu auch die Colorierung in klaren hellen Farbtönen ihren Teil beiträgt.
Fazit: klare Leseempfehlung, nicht nur für Freunde von SF. Bin gespannt, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt.
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